10. Mai 2025
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Haushaltsreden 2025 - FDP

Rede von Nils Bettinger in der Sonderratssitzung vom 06.02.2025

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Disclaimer: Die folgende Haushaltsrede wurde uns von der jeweiligen Fraktion in ihrer originalen und ungekürzten Fassung zugesandt. Die Inhalte spiegeln die Ansichten des jeweiligen Redners wider.

Die nachfolgende Rede wurde im Rahmen der Sonderratssitzung am 06.02.2025 gehalten. Wir haben allen im Rat vertretenen Fraktionen angeboten, ihre jeweilige Haushaltsrede hier zu veröffentlichen.

Haushaltsrede von Nils Bettinger (FDP)

[06.02.2025 / Haushaltsrede, Nils Bettinger (FDP). Es gilt das gesprochene Wort.]

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir alle wissen: Unsere Kommune steckt schon lange in der finanziellen Misere. Dass wir als Kommune pleite sind, ist ja nichts Neues. Zunächst haben wir jahrelang unser Tafelsilber verkauft, dann gerieten wir in bilanzielle Überschuldung, dann drückte uns das Land den Stärkungspakt auf – heute haben wir nur noch wachsweiche Leitplanken des Landrates, die wir beachten müssen – ansonsten befinden sich unsere Stadtfinanzen im freien Fall.
Der gesamte Stadtrat blickt die Instanzen durch nach oben und fordert einen Altschuldenfonds – immer noch viele der hier anwesenden Ratsvertreter fordern unbedingt auch die Wiederherstellung des Konnexitätsprinzips, das ja eben auch ursächlich dafür ist, dass unser Haushalt so schief hängt. Denn auch das stellen wir jedes Jahr wieder zuverlässig fest: Ein heutiger Schuldenerlass ist nur ein Aufschub – morgen türmen sich wieder neue Schulden.

Während sich alle anderen Fraktionen damit abfinden, den Bürgern die scheinbar unlösbare Schuldenspirale zu verkaufen, präsentiert die FDP als einzige Partei einen echten Lösungsansatz.

Der Bürgermeister sagt, dass er damit rechnet, dass Castrop-Rauxel in 9 Jahren rund 1 Milliarde Euro Schulden angehäuft hat. Das müssen Sie sich noch einmal auf der Zunge zergehen lassen. Eine Stadt mit rund 74.000 Einwohnern hat dann rund 1.000 Millionen Euro Schulden. Und alle gehen zur Tagesordnung über, als wäre das normal. Niemand scheint irritiert zu sein. Genau das signalisiert SPD und Bündnis 90/Die Grünen: Es ist offenbar egal, wie groß die rote Zahl im Haushalt wird.

Ich hatte gehofft, dass bei der Aussicht auf 1 Milliarde Euro Schulden auch die Bürger und Einwohner mal wach werden und überlegen, ob noch die richtigen Parteien über die Zukunft unserer Stadt bestimmen. Doch es kündigt sich keine Palastrevolution an.

Die FDP verfolgt seit langem einen anderen Ansatz.
Meine Damen und Herren: Es ist allgemein anerkannt, dass wir zwei Stellschrauben für den Haushalt haben: Die Einnahmeseite und die Ausgabeseite. Wenn wir weniger ausgeben und mehr einnehmen, verbessern wir den Haushalt – das ist logisch. Die Logik des Bürgermeisters und seiner Mehrheitskoalition von SPD und Grünen lautet aber: Wenn wir unterm Strich keine schwarze Null erwirtschaften können, dann ist es egal, wie viel Geld wir ausgeben und wie hoch unsere Schulden werden. Es macht keinen Unterschied – helfen muss man uns eh von außen. Mit dieser Einstellung hauen die Bürgervertreter hier alles raus, was geht. Und das kann man so wörtlich nehmen.

Bezahlen müssen das entweder alle oder die lokalen nachfolgenden Generationen.
Das kann man so machen – es beschert einem die maximale Handlungsfreiheit für die aktuelle eigene Amtszeit. Mit dem Scherbenhaufen müssen nachfolgende Bürgervertreter umgehen.

Ich appelliere an den Bürgermeister und Rot/Grün, dass wir uns bemühen, so weit wie möglich zur Sparsamkeit zurückzukehren! Ich kann das bisher nicht erkennen. Schon das Verfahren der geplanten neuen Hauptwache für die Feuerwehr ist wieder ein Beispiel dafür, dass wir ANDERE dafür bezahlen, UNSEREN Job zu machen. Wir kaufen wieder ein rundum-sorglos-Paket ein und planen derzeit, dafür rund 85 Millionen Euro auszugeben. Das Verfahren ist aber so hochkomplex, dass wir den Ratsvertretern keinen Einblick geben wollen, was im Hintergrund verhandelt wird. Da heißt es zunächst, dass Ratsmitglieder keinen Einblick in die Vertragsunterlagen bekommen können. Auf Nachfrage rudert man dann zurück und sagt: Natürlich kann und möchte man Transparenz im Verfahren haben und informieren. Unterlagen möchte man aber nicht verschicken. Als Ratsmitglied könne man einen Termin vereinbaren und dann in einem abgeschlossenen Raum Akten einsehen. Abschriften dürfen natürlich unter keinen Umständen angefertigt werden. Die Rechtsgrundlage für ein derart restriktives Vorgehen gegenüber Ratsmitgliedern nennt man uns - BISHER NOCH – nicht, wird man aber künftig müssen.

Man spricht hier selbst von einem hochkomplexen Vergabeverfahren. Das verstehe ich! Aber verstehen wir Ratsmitglieder wirklich die Inhalte, wenn wir sie nicht ansehen können? Ich erinnere an den super Vertrag, den wir in Bezug auf die alte Müllkippe Pöppinghausen geschlossen, und unter dem wir alle jetzt leiden und bis in ferne Zukunft zu leiden haben werden. Da hat der Rat auch zugestimmt, und Jahrzehnte später fällt uns das auf die Füße und wird uns ebenfalls viele Millionen Euro kosten. Der Grund ist, dass seinerzeit die Bürgervertreter nicht so genau gelesen haben, was sie da abgestimmt haben. Wer sagt uns eigentlich, dass die Stadtgesellschaft nicht in 20 Jahren den Kopf schüttelt, wie der Rat der Stadt ohne die Vergabevereinbarungen je gesehen zu haben, ein 85-Millionen-Euro-Projekt im Rat auf den Weg bringen kann? Es tut mir leid, aber das machen ich und die FDP künftig nicht mit.

Wir sind nicht die erste Verwaltung, die eine neue Feuerwache bauen muss. Ich bleibe dabei, dass das auch nachvollziehbarer umsetzbar sein muss. Da muss unser Haus auch Eigenleistungen erbringen und die Expertise, die wir hier haben und sowieso schon bezahlen, eben auch für diesen Prozess einbringen. Sich hier mit dem Geld der Einwohner von Verantwortung freikaufen zu wollen, ist das Gegenteil von Sparsamkeit, meine Damen und Herren. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Wir brauchen eine neue Feuerwache! Und wir brauchen sie mit guter Ausstattung – und so soll sie auch realisiert werden. Wir wollen aber beim Verfahren sparen – nicht beim Ergebnis!

Auch dieses Rathaus hier wird uns vermutlich in den nächsten Jahren einen dreistelligen Millionenbetrag vom Konto spülen – oder es wird perspektivisch eben immer teurer. Klar, wir fahren jetzt die sogenannte „Null-Variante“, aber die kostet eben leider auch nicht „Null“, sondern viele Millionen Euro. Die Rücklagen dafür sind ja auch kein „Guthaben“, sondern eine Abgrenzung innerhalb des Schuldenhaushaltes. Da machen wir uns bitte auch nichts vor.

Wer mit solchen Millionenbeträgen im Haushalt jongliert und dabei keinen Schwindel entwickelt, der spart auch nicht im Kleinen. Das kann man an ganz vielen Stellen im Haushalt festmachen. Ich komme exemplarisch immer wieder darauf zurück, weil es so plakativ ist: So ein Fest auf der Rennwiese, das für dieses Jahr wieder geplant ist, das ist toll. Alle haben Spaß, und bei gutem Wetter ist das eine Veranstaltung, die als Aushängeschild für Einige taugt. Aber berücksichtigen eigentlich alle für die Finanzierung Verantwortlichen, dass die kommunale Familie dafür 70.000 Euro aufbringt? Für eine Feier? Nennen Sie mich gerne Spielverderber, aber wenn ich stattdessen 70.000 Euro als Eigenanteil bei Förderprogrammen für die Stadtentwicklung einbringe, dann mache ich daraus bei 80% Förderung eine Investitionssumme von 350.000 Euro für die bitter benötigte nachhaltige Stadtentwicklung. Also von mir aus Straßensanierung oder ein neues Schul- oder – aktuell – Spielplatzklo am Hallenbad. Stattdessen lassen wir zwei Tage lang auf der Rennwiese die Sau – Entschuldigung – die Pferde raus und verprassen das Steuergeld oder lassen es für Imagepflege versickern.

Auch hier – verstehen Sie mich nicht falsch! -: Wir können gerne Veranstaltungen bezuschussen, die Hilfe benötigen. Oder mit Kooperationspartnern überschaubare Veranstaltungen auf dem Markt oder in den Stadtteilen durchführen – aber damit der Bürgermeister mit dem Rennsportverein gut dasteht, feiern wir dort, wo es am teuersten ist? Bei unserer Haushaltslage? Sind wir eigentlich noch bei Trost?
Auch hier gibt es also eine Menge Beispiele, wo man mit dem Geld, das man einsetzt, sparsamer und effektiver umgehen kann.

Aber ich bin Ihnen noch einen Plan schuldig, denn ich habe zuvor gesagt, dass wir auch mehr Geld einnehmen können und dass offensichtlich die FDP bisher die einzige Partei ist, die hier einen Plan hat, aus eigener Kraft die Schuldensituation zu verlassen.
Meine Damen und Herren: Ich habe vorhin skizziert, dass wir bislang durch den Stärkungspakt Stadtfinanzen in einem recht engen Handlungskorsett steckten und jetzt nur noch wachsweiche Leitplanken des Landrates zu beachten haben. Denn der Landrat steckt selbst im Wahlkampf und genehmigt uns ja per Blankoscheck alles, was er zuvor auch genehmigt hat. Mit einem sogenannten „Sparkommissar“, der den Rat ersetzen könnte und vor dem wir vor vielen Jahren mal Angst hatten, droht niemand mehr. Der Bürgermeister und die rot-grüne Koalition nutzen das, um alles Geld rauszuhauen und maximale Schulden zu produzieren. Und zwar mit einer gewissen Absicht und in vollem Bewusstsein dessen. Wir sagen, dass wir durch die Rahmenbedingungen jetzt endlich die Chance haben, wieder selbst zu handeln – und zwar genau in die andere Richtung!

Das, was jahrelang nicht ging, ist eine Kopie vom Prinzip Monheim! Monheim hat seinerzeit den Hebesatz für die Gewerbesteuer maximal abgesenkt, und damit sehr viele Firmen ins Stadtgebiet geholt, die dort jetzt geringere Steuern zahlen als im Umland. Damit ist Monheim zwischenzeitlich reich geworden. Der Stärkungspakt Stadtfinanzen hat es uns unmöglich gemacht, das Prinzip Monheim zu kopieren – jetzt können wir es. Natürlich macht uns das nicht beliebt im Kreis und in der Region. Und es macht uns auch nicht sofort reicher, sondern es braucht eine Anlaufzeit. Aber wenn ich die Wahl habe, in 10 Jahren vor knapp 1 Milliarde Euro Schulden zu stehen oder perspektivisch wieder ins Plus kommen kann, dann entscheide ich mich für Variante B!

Liebe Einwohner und Einwohnerinnen: Lassen Sie sich nicht erzählen, dass wir so etwas grundsätzlich nicht können. Denn diese Ratsmitglieder von SPD und Grünen sollen zusammen mit dem Bürgermeister die Kraft haben, in den nächsten knapp 10 Jahren weitere 850 Millionen Euro Steuergeld zu verausgaben, aber sagen Ihnen, sie hätten nicht die Kraft, den Hebesatz der 17-Millionen-Euro Gewerbesteuer zu senken? Das ist lachhaft. Hier braucht es – neben einigen vorbereitenden begleitenden Maßahmen – vor allem Mut und konsequentes Handeln. Wenn wir wollen, können wir diesen Weg beschreiten.

Die FDP macht Ihnen dieses Angebot: Unterstützen Sie uns, diese Forderung aufrecht zu halten und in die Umsetzung zu bringen. Dafür brauchen wir Ihre Unterstützung.

Der Haushalt, der hier vorliegt, ist eine weitere und deutliche Bankrotterklärung, eine Dokumentation der Ideenlosigkeit und Mutlosigkeit. Er bietet nur eine Perspektive: entweder hilft uns jemand anderes, oder wir haben das Ende jeglicher Handlungsfähigkeit in unserer Stadt bereits eingeleitet. Einem solchen Haushalt können und werden wir deshalb nicht zustimmen.

Wir haben noch Ideen, wir sind noch nicht fertig mit unserer Stadt – wir haben noch nicht losgelassen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


Nachsatz:

Übersicht über die bisher bei uns veröffentlichten Haushaltsreden (die Videos sind von der Stadt Castrop-Rauxel und nur zeitlich begrenzt abrufbar):

  • Haushaltsrede von Andreas Kemna (Die PARTEI/Die FRAKTION): Artikel | Video
  • Haushaltsrede von Holger Schelte (Bündnis 90/Die Grünen): Artikel | Video
  • Haushaltsrede von Nils Bettinger (FDP): Artikel | Video

Alle vorliegenden Haushaltsreden beziehen sich auf den von Bürgermeister Rajko Kravanja eingebrachten Haushalt. Die dazugehörige Rede des Bürgermeisters ist auf Youtube abrufbar.

  • Quelle(n): CASNews

Autor

Nils Bettinger

Nils Bettinger

Gründer und Redaktionsleiter.
Hält den Kopf für alles hin.

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